Rolfs Köderführung ist unnachahmlich,
dennoch glaube ich mich dieser durch Jiggen anzunähern.
Vorbei, dass der Gummifisch winterlich behäbig
oder wie eine Schlaftablette durch das Wasser schwänzelt.
Beim Heben des Köders kommt der Schaufelschwanz
ins Flattern, dass es in der Rutenspitze vibriert.
Die Veränderung tut Not, denn Rolf legt den vierten
Fisch vor. Und selbst Wolfgang hat auf einen XXL-Gummi
seinen ersten Hecht gefangen.
Mit nur l0 Gramm Blei beschwert veranstaltet der Köder
am Schnurende wahre artistische Kunststücke.
Der seit langem erwartete Biss kommt trotzdem unverhofft
in der Beschleunigungsphase des Köders und so
heftig, dass dem Einschlag nichts folgt. Und wenn
ich nichts sage, meine ich, dass weder vom Angreifer
noch vom Köder etwas zu sehen ist. „Mist.“
Der Einhänger ist aufgezogen, als wäre er
eine Büroklammer im früheren Leben gewesen.
Es könnte aber auch sein, dass er einmal zu viel
bewegt worden ist. Bedenken hatte ich diesbezüglich
schon, aber die klammen Finger haben notwendiges Handeln
verhindert. Wäre ich vor dem Schaden klug gewesen,
wäre ich vielleicht kein Angelschneider mehr.
Wenigstens jetzt mach ich alles richtig und kappe
vor dem Einbinden des neuen Vorfaches sogar ein Stück
aufgeraute Angelschnur.
Rolf gleicht meine Defizite aus, auch wenn ihm der
nächste Fisch im Drill verloren geht. Jetzt,
kurz vor Mittag meint es die Sonne wirklich gut. Gegen
sie anzuangeln ist ohne Sonnenbrille nicht drin. Ich
lupfe sogar den Reißverschluss meines Überlebensanzuges,
um etwas Wärme entweichen zu lassen.
Völlig unerwartet kommt der Kapitän auf
das Thema Ostseedorsch zurück. In der von ihm
bekannten leutseligen Art konstatiert er mit einem
sparsamen Kopfnicken in Richtung eines heranrasenden
Speedbootes: "Die kommen auch zurück."
Damit ist das Thema Ostseedorsch abschließend
behandelt.
Ob Wolfgang mit dieser Entscheidung hadert, weiß
ich nicht. Ich jedenfalls bin zufrieden, denn soeben
erlöst mich ein durchschnittlicher Fisch vom
Angelschneider-Dasein. Gut, ein bisschen mehr Hecht
könnte es schon sein.
Um diese Basis weiter auszubauen, muss aber zunächst
der Magen mit zwei Würstchen und einem heißen
Tee ruhig gestellt werden.
Der Nachmittag beginnt leider nicht so, wie der Vormittag
endete. Ausdruck der vornehmen Zurückhaltung
der Hechte ist, dass sie nicht einmal auf einen Jerk
beißen wollen. Das Vertrauen in meine Köder
zeigt deutliche Abnutzungserscheinungen. Dennoch strapaziere
ich anschließend wieder den Erfolgsgummi vom
Vormittag und lasse ihn schräg mit dem Wind fliegen.
Um den Schnurbogen zu verkleinern bremse ich den Flug
des Köders vor der Wasserberührung leicht
ab, lege den Rollenbügel um und bekomme den Köder
nicht von der Stelle. Der Anhieb lässt die schon
krumme Rute stöhnen. Es ist, als hätte ich
den Anker gehakt. Aber der hat seine Nase vor dem
Bug im Wind.
[<<] [ < ] [ 1 ] [ 2 ] [ 3 ] [ > ] [>>]