Das sieht am Sonntagmorgen um die fünfte Stunde
ganz anders aus. Nicht einmal die obligatorische Tasse
Kaffee bringt den Kreislauf auf Trab. Dennoch stehe
ich pünktlich am Treffpunkt. Erst beim Zuladen
der Mitfahrer und des restlichen Angelgepäcks
macht sich so etwas wie ein Kribbeln bemerkbar - ähnlich
wie Bier im Bauchnabel. Aber vielleicht verwechsele
ich da auch was.
Mit dem Boot auf dem Autodach geht es gesittet über
die Autobahn und dennoch zügig, weil staufrei.
Viel früher als erwartet sind wir an der Tanke,
an der wir uns mit Mario treffen wollen. Ich rechne
insgeheim aus, wie viel Schlafminuten ich noch im
Bett gehabt hätte. Doch Kaffee und Bockwurst
trösten etwas darüber hinweg.
Als Mario endlich auftaucht und gleich das aktuelle
Anglerlatein von Wasser, Fischen und Angler mitbringt,
ändert sich die schläfrige Stimmung schlagartig.
Fünf Minuten vor 8:00 Uhr stehen wir am unbeleuchteten
Angelladen. Ich werde peinlich examiniert, was Herr
Hartmann wörtlich zu mir sagte. Doch die im Verhör
enthaltene unterschwellige Befürchtung löst
sich auf, als im Laden die Lichter angehen. Draußen
ist es ebenfalls gerade hell geworden und ein kräftiger
Wind treib bleilochfarbene Regenwolken über den
Himmel.
Ich preise Herrn Hartmanns Service in höchsten
Tönen und spendiere 2,50 € beim Bezahlen
der Angelkarte, was sonst eher nicht meine Gewohnheit
ist. Mit einem Stoßgebet der Erleichterung verlasse
ich den Laden und finde, dass die Zander ganz schön
Nerven kosten. Danach geht alles sehr schnell. Nach
einer halben Stunde sitze ich mit Achim im Boot, während
Rolf und Mario bereits den ersten untermaßigen
Zander zurücksetzen. Als wir ihre Stelle anrudern,
suchen sie elektromotorisiert das Weite.
Der Wind bläst verdammt scharf um die Ecke und
die Hände frieren als ob Winter wäre. Dabei
hatte der Wetterbericht für diesen Januarsonntag
10 Grad Hitze angekündigt. Ich zittere einen
19-Gramm Bleikopf samt Gummifisch in die Tiefe und
fluche, weil ich wegen der angeblichen Scheuchwirkung
die Fluoangelschnur zu Hause ließ. Der grau-schwarze
Zwirn ist auf dem bleifarbenen Wasser kaum zu erkennen
und der Schnurbogen lässt den Grundkontakt kaum
ahnen. Ich lasse den Gummifisch intuitiv heranhüpfen
und tue mir jetzt schon leid, das Ganze ohne Grundgefühl
heute noch so 500 Mal machen zu müssen.
Egal, ich lasse die Rutenspitze zucken und den Gummi
irgendwie hüpfen. Ein Schlag in die Rute schreckt
mich aus dem Selbstmitleid und ich schlage im Reflex
zurück. Das gibt es gar nicht: Nichts gesehen
und nichts gefühlt und dennoch wollen 50 Zentimeter
Zander ins Boot. Der Fisch bekommt seinen Willen.
Schlagartig ist mir warm. Auch das notwendige Angelgefühl
stellt sich seltsamerweise sofort ein und sogar die
Sicherheit, dass noch mehr geht. Das beweist Achim
unmittelbar darauf mit einem untermaßigen Fisch.
Nebenbei verfolgen wir Marios Angelkurs aus den Augenwinkeln
und wundern uns, warum er auf der anderen Seite der
Bucht nur eine Rutenlänge vom Ufer entfernt angelt.
Wir folgen seinem Kurs, als wir unsere Stelle leer
geangelt haben. Weshalb sonst beißen keine Fische
mehr?
Jetzt erkennen wir im Echolot die brutale Unterwasserkante
auf der anderen Buchtseite. Die ist so steil, dass
sogar das Ankergewicht hinunterkullert. Eher könnten
wir hier mit dem Wind als Düsenantrieb Wasserski
laufen als angeln. Weiter in der Bucht ist es etwas
besser. Doch das bezieht sich nur auf den Untergrund.
Wo Mario und Rolf scheinbar einen Plan haben, angeln
wir leicht drüber hinweg. Unsere Fangergebnisse
unterscheiden sich dennoch nicht.
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