Lange schon hat mir Rolf unter dem Siegel der Verschwiegenheit
und im geflüsterten Bass gesteckt, wie gut die
Zander im Bleiloch, was eine Talsperre ist, beißen.
Das war noch im alten Jahr. Und das ist das Problem,
denn erst als die letzte knusprige Keule der Weihnachtsgans
in den Magen gerutscht ist und kein Feiertagsbesuch
mehr droht, findet sich spontan ein Angelsonntag.
Mit meinem diesbezüglichen Überraschungsvorschlag
renne ich bei Rolf durch eine offene Tür. Und
weil Rolf und Achim den Schuppenträgern fast
immer im Doppelpack zusetzen, sind wir schließlich
zu dritt. Aber dafür ist mein Boot nicht konzipiert,
sonst müssten immer zwei die Luft anhalten, damit
einer auswerfen kann ...
Rolf hat die Lösung dafür schon organisiert
und die heißt Mario und wohnt quasi in seinem
Angelboot auf besagtem Wasser, zumindest kennt er
es wie seine Westentasche und ist mit den Fischen
per du. Außerdem ist es sehr praktisch ihn und
sein Boot dabei zu haben, denn er wohnt nur halb so
weit vom Angelladen entfernt wie wir, in dem noch
das Antragsformular zum Antrag auf Antrag einer Angelberechtigung
durch den Fischereirechtsinhaber zu erwerben ist.
Doch was so kompliziert klingt, ist sehr einfach:
Nur ein Fax oder eine E-Mail an Mario mit den notwendigen
Daten und er holt für alle das begehrte Papierchen.
Es ist Freitagabend, als ich dank der elektronischen
Kommunikationsmöglichkeiten meinen Angeleinsatz
in Vorfreude durch versenden einer entsprechenden
Datei absichere.
Das dachte ich jedenfalls, denn Samstagabend erreicht
mich über Umwegen die Nachricht, dass meine elektronische
Post vielleicht noch über dem Indischen Ozean
kreist, keinesfalls aber (schon) bei Mario abgeworfen
wurde. So eine Sch... aber auch! Immer wenn es darauf
ankommt zickt die Technik. Sonst merkt man das ja
gewöhnlich nicht. Dass die Zander so schwer an
den Haken zu bekommen sind, hatte ich nicht erwartet.
Nach der ersten Aufregung sehe ich in der Information,
die eine E-Mail ist, dann aber inhaltliche Tiefe aufgrund
einer versteckten Telefonnummer. Die ist der letzte
Strohhalm, der mich mit den Zandern und dem dazugehörenden
Angelfachgeschäft verbinden und in den Besitz
des Angelscheins bringen könnte, falls sich jemand
auf meinen Anruf hin melden sollte. Mit beinahe weichen
Knien lausche ich auf das Freizeichen im Telefon und
dann kommt die erlösende Stimme: "Ja, Hartmann."
Das schönste an der Stimme ist, dass ich nicht
falsch verbunden bin! Nicht zum Aushalten ist jedoch,
dass Herr Hartmann am Sonntag nicht angeln ist, wie
normalerweise ein Angelgeschäftsinhaber, der
etwas auf sich hält. Warum das so ist, ist mir
Schuppe, denn er öffnet extra für mich den
Angelladen, um mir zum sonntäglichen Angelausflug
zu verhelfen, allerdings nur, wenn ich nicht vor 8:00
Uhr vor der Ladentür trample.
Es ist draußen schon dunkel,
als ich, jetzt entspannt, zum Beladen des Autos komme.
Da macht es gar nichts, dass ich die Bootshaut mehr
nach Gefühl als nach Sicht auf den Dachgepäckträger
wuchte. Ich fühle Kräfte, als wäre
ich gedopt.
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