"Ein Bündel würde ich davon schon
ganz gerne mitnehmen", lasse ich verlauten. Aber
meine Mitangler haben zum Reden keine Zeit. Sie drillen
im Schweiße ihres Angesichts ebenfalls Hornhechte.
Mein einfältiger Wunsch wird zum Fluch. Wir kommen
kaum zum Auslegen der Schleppmontagen, meist drillen
wir den nächsten Fisch bevor der Köder Zielfischtiefe
erreicht. Die "Hirnis" sind einfach überall.
Sie machen uns schlichtweg fertig! Ich sehne mich
nach einer Beißpause und etwas Abkühlung.
Mir soll noch mal einer sagen, dass Angelsport keine
körperlich Anstrengung ist ... Doch auch unsere
Nerven werden strapaziert. Deshalb flüchten wir
in tiefes Wasser. Eine 20-Liter-Box voller Hornhechte
ist schließlich genug.
Endlich gibt es Luft zwischen den Hornhecht-Bissen,
wenn, ja wenn uns kein Dorsch die Rollenbremsen auf
die Ohren haut. Dann jedoch ist Pumpen angesagt, denn
die Bartelträger sind stramme Jungs, die sich
an den Schleppruten bitten lassen. Wir fügen
uns in unser Schicksal und stapeln mangels Fischkiste
im neuen Boot nach fünf Hornhechten einen Dorsch,
einen Dorsch und wieder fünf Hornhechte zu einer
Fischpyramide auf und das den lieben langen Nachmittag.
Zeit an Zielfische zu denken bleibt da nicht.
Nach 12 Stunden Knochenarbeit brauchen wir dringend
Erholung. Doch erst die Rückfahrt lindert unsere
Leiden. Und das tut Not, denn an Land schnitzen wir
zwei weitere Stunden an unserem Fang. Erst 21:00 Uhr,
kurz vor einem Schwächeanfall, brutzeln endlich
frische Dorschfilets auf Speck in der Pfanne. Ein,
zwei oder drei Radler verzischen in unseren Kehlen
und aktivieren die Lebensgeister. Allerdings hält
die Wirkung nicht an. 22:30 Uhr ziehen uns die dicken
Bäuche auf die Matratzen; es könnten auch
die bleischweren Augenlieder oder beides zusammen
sein. Die Sehnsucht nach Schlaf lässt keine Fragen
zum Zielfisch aufkommen.
Dennoch hat unser Guide das letzte Wort: "Männer,
wir sollten Morgen eine Stunde früher
aufstehen!"
Ich traue meinem Ohropax nicht! Das darf doch nicht
wahr sein! Dennoch scheinbar gleichgültig heuchele
ich mit geschlossenen Augen Härte und murmele
irgend etwas von "unbedingt". Oh, wie ich
diesen Guide hasse! Schlimmer ist nur der Druck der
Radler auf der Blase am Morgen. Das hat allerdings
den Vorteil, dass ich zum Handyklingeln bereits wach
bin.
An der Trailerstelle sind wir nicht die Ersten. Etliche
Boote dümpeln schon auf dem sommer- grünen
Boddenwasser. Vom Himmel prasselt gnadenlos tiefes
Blau. Satt steht dazu die gelbe Rapsblüte im
Kontrast. Aus leidvollen Erfahrungen bedauere ich
die Boddenangler auf der dicken Suppe. Obwohl die
Ostsee eine deutlich bessere Sichttiefe hat, bedauern
wir uns bald selbst. Im Vergleich zu gestern ist es
bereits am Vormittag, großzügig geschätzt,
30 Grad heißer. Im Innern meines gut gefütterten
Anzuges herrschen Temperaturen zum Eiergaren. Doch
so weit lasse ich es nicht kommen und verstoße
gegen die Anzugsordnung an Bord. Nur die "Hirnis"
stören weder die Hitze noch unsere Schweiß.
Sie beißen wie abgedreht.
Die Hitze ist so gewaltig, dass sie sogar am Ostseegrund
Blasen wirft: Dorschblasen. Das ist der reine Wahnsinn!
Nur einmal stechen wir mit unseren Schleppködern
hinein. Doch so schnell, wie die Fische das Blech
inhalieren und die Schnüre zu einem Norwegerpullover
verstricken, können wir nicht reagieren. Wir
stöhnen über die Fischmasse und den Fitz.
[<<] [ < ] [ 1 ] [ 2 ] [ 3 ] [ > ] [>>]